Inszenierung der Stasi?

Karl-Heinz Schulze (ehemaliger Ober- und Stabsfähnrich) E-Mailadresse Nr.: 18

31.8.2007
Herr Schulze antwortet auf die folgenden Fragen der Bausoldaten:
War die Wende eine Inszenierung der Stasi?
Muss die Geschichte der Wende umgeschrieben werden?
(siehe 30.8.2007)

Sehr geehrter Herr Bemmann,

Die letzten Tage sind echt anstrengend, da auch bei mir so manches wieder hoch kommt. Nun zu Ihren Brief.
Ich gehe davon aus, das die Wendegeschichte nicht umgeschrieben werden muss.. Sie muss ergänzt werden um die Mosaiksteinchen, welche das Bild unvollständig erscheinen lassen. Dazu gehört vor allem die Rolle der NVA und der Vorgesetzten in den Kasernen und nicht in den Divisions- und Stäben im Ministerium. Als Honecker den bescheuerten Spruch losließ, "Wir weinen denen keine Träne nach", da dachte ich spontan, jetzt ist der total verrückt geworden. Was hatte dieser Satz nicht alles im Denken und Fühlen ausgelöst?

Wenn ich die Dinge richtig einordne hat die Fluchtbewegung mit dem Paneuropäischen Treffen an der ungarischen Grenze begonnen. Sie war aber nicht die Ursache, sondern eine Reaktion auf die inneren Zustände in der DDR. Es war eine fortschrittliche demokratische Bewegung für Veränderungen im Interesse der Menschen in der DDR. Hier hat im wahrsten Sinne des Wortes das Volk Geschichte gemacht. Natürlich war vielen nicht klar, wohin die "Reise" geht, aber so konnte es auch nicht weitergehn.

Ich erinnere mich, als um den 7.oktober 1989 Honecker befohlen hatte, die NVA in Leipzig gegen die Demonstranten einzusetzen. Erstens fand er keine Freiwilligen dazu und die die Einheiten welche vorgesehen waren weigerten sich. Wie ein weigern funktionieren kann ist mir bei aller Kenntnis der Befehlsstrukturen unklar. Dieser Befehl wurde dann zurückgenommen.

Erst als das Volk nicht mehr bereit war, die Straße zu verlassen wurde Honecker gestürzt. Von Wem, ja von Krenz, Schabowski und co, also die 2. Garde. Nun kommt der 9. November. Kam er tatsächlich plötzlich? Was hatte Schabowski verkündet? Er stammelte von einer Regelung, "die es jedem DDR Bürger ermöglichen sollte".
Ja Tor auf, danach wieder zu, das war der Plan. Darauf waren die Grenztruppen auch vorbereitet, denn von wo kamen die Stempel, "Rücker unerwünscht"?, welche die Ersten in ihre Personaleinträge reingedrückt bekamen?

Politisch sollte nach der "Wende" eine Konförderation zwischen DDR und BRD gebildet werden. Was sollte dieser Unsinn, wo auch hier das fernere Ziel die staatliche Einheit gewesen wär. Das war zu diesem Zeitpunkt schon reaktionär. Das Volk hat sich die Einheit erkämpft und die tiefen Wunden der Spaltung begonnen zu überwinden.
Aus Angst, der Funke aus der DDR Bevölkerung könnte auch die bundesdeutsche Gesellschaft erschütteern wurde von Seitens der BRD Politik der Prozess der Vereinigung in einen ICE Tempo durchgezogen, wo die politische Qualität auf der Strecke blieb. Siehe Einigungsvertrag.

Kann man Feuer und Wasser vereinigen? Ja man kann, entweder das Feuer geht aus, oder das Wasser spült auch Erhaltenswertes mit weg. Damit komme ich zu der Frage, welche mir am meisten Bauchschmerzen macht. War die DDR tatsächlich ein "entwickeltes sozialistisches Land"? Heute verneine ich eindeutig diese Frage, 1989 wär sie mir absurd vorgekommen.

Nun kurz zu Herrn Eppelmann. Er war kaum Minister für Verteidugung und Abrüctung gewesen, da besuchte er mit Honnis Hubschrauber Prora und Sassnitz -Dwasieden. Beides waren Standorte für Bausoldaten. Was ich da erlebtte ist unglaublich. Ich muss es mal auf deutsch schreiben, soviel könnte man gar nicht kotzen wnn man das sah. Die Offiziere vom Leutnannt bis zum Oberst, alle standen stramm und zeugten wie bei Heinz Hoffmann Ehrbezeugung. Die Straßenkanten waren frisch in Weis gestrichen un d der Rasen geharkt. Pfui deibel, dieses ehrlose Gesindel. Ich musste übrigens den Hubschrauber bewachen.

20. Juli 1990, die NVA wird umvereidigt. Ausgerechnet am Tag des Hitlerattentats, ich hatte Glück, es war mein Hochzeitstag und ich nicht mit dabei.

Ich bin bereit meinen Beitrag zu leisten, wenn es um das Veraständnis geht, die Gräben zwischen ehemaligen Vorgesetzten und Bausoldaten zu zuschippen geht. Zu Herrn Eppelmann fahren? Was soll das bringen? Da ich selber von Hartz IV Leben muss, für mich im Moment auch nicht realisierbar.

Nun ist auch diese Antwort, noch vor dem Frühstück länger geworden als angedacht.

Herzlliche Grüße
 

zurueck25

_______________________________________________________________________________________________

Startseite; Zum Gedenken; Presseseite; Prora; Fragen; Bausoldaten; Vorgesetzte; Literatur; Gästebuch; Kontakte; Termine; Links

Copyright ©