Unteroffizier aus Prora

Ein Unteroffizier aus Prora, der sich zu Dienstzeiten voz zwanzig Jahren degradieren ließ, schreibt in einem bewegenden Brief auf das Buch "Der 'Prinz' von Prora" :

"Ich bin hinabgetaucht in die Abgründe der Geschehnisse, wie du sie so eindrucksvoll schilderst, als würde 'man' diese noch einmal wieder und wieder erleben, als hätte das Damals nichts von seiner Kraft eingebüßt. (...) Ehrlich gesagt hat mich die Lektüre des von Dir verfassten Erfahrungsberichtes sowie die darin verarbeiteten Erlebnisse 'in Brand' gesetzt, denn all die Jahre danach war es nur ein Glutnest, das geblieben ist, resultierend aus dieser Zeit. Hinzu kommt das unstillbar gebliebene Verlangen, stellvertretend einem jener Menschen meinen ganz besonderen Dank auszudrücken dafür, dass mir die Menschlichkeit als Maxime für mein Handeln niemals abhanden gekommen ist, nicht einmal in der 'Hölle von Prora'. Ausgerechnet die allseits verunglimpften und auf vielfältige Weise, allein aufgrund ihres christlich gesprägten Welt- und Menschenbildes Geschmähten waren es, die mir die Kraft gaben, das zu ertragen, womit ich während meiner 2 1/2 jährigen 'Dienstzeit' konfrontiert werden sollte. Ich lernte nicht nur sehen, sondern eben auch genauer hinzuschauen (...) Bei Euch fand ich durch die vielen kleinen Gesten, den von Mitmenschlichkeit, zum Teil auch von Barmherzigkeit getragenen, zumindest um die Bemühung darum gepflegten Umgang, den ich bei den normalen Wehrdienstleistenden lediglich einen Flurgang unter euch fast nicht oder wenn, dann nur sehr selten, begegnete. Und ich wurde Zeuge, wie die jeweiligen Voresetzten mit Euch 'umgingen', besser wohl umsprangen, wie sie euch schikanierten mit dem Anlegen von
ABC-Schutzausrüstung auf dem Ascheplatz neben der Turnhalle gelegen, in der Gluthitze eines an sich herrlichen Sommertages! Auch wurde ich Zeuge während meiner Dienstzeit, wie sich ein Verzweifelter von Euch mit einem Sturz aus dem Fenster das Leben nahm, und wie von Seiten der Vorgesetzten alles versucht wurde, jegliche Trauerbekundungen zu unterbinden... Ich möchte, dass Du weißt: Es gab sehr wohl Menschen, die das miterleben mussten und denen man eines eben nicht nehmen konnte: die Menschenwürde (oder wenn Du so willst), die 'Lust am Leben!' Ich kann mich zwar nicht mehr an irgendwelche Namen erinnern, sehr wohl sehe ich aber die Gesichter derjenigen vor mir, die es gut mit mir meinten, die auch meine seelische Not nachempfinden konnten und die mich auch ohne zusätzliche Worte verstanden haben in jener schweren Zeit..."
 

zurueck144

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