Tag der Entscheidung

Forum Thema:
Tag der Entscheidung

27.3.2009
Matthes         
(E-Mail-Nr.: 138)

Hallo Männer,

ich habe letztens gelesen, dass mancher (mein Namensvetter glaube ich) Probleme hattet Spati zu werden???  

Bei mir war´s so:  Lehre beendet , 2x umgezogen, geheiratet  und nun Entscheidung getroffen  ICH WERDE BAUSOLDAT!.
Also Papier her und losgeschrieben:  " .... lehne ich aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ab. Bin bereit meinen Grundwehrdienst in den Baueinheiten, gemäß Gesetz vom...., Gesetzblatz Nr  ... , als Bausoldat abzuleisten...   !      - Brief abgeschickt und gewartet -3 Monate,  nix passiert. Dann hin zum WKK (Sprechtag, Wartezimmer voll). " Bürger was möchten Sie" fragt die nette Dame, "Ich wollte mal fragen ob mein Brief wegen der Verweigerung des Waffendienstes angekommen ist." - Ich hatte die volle Aufmerksamkeit und wurde sofort in´s Nebenzimmer geschubst. Ziemlich schnell erschien ein Uffz und meinte " Sie bekommen dann Bescheid". Das "dann" dauerte nochmal 4 Jahre.

Ich habe nichts beantragt oder gefragt -einfach nur mitgeteilt und fertig!
Habt Ihr was beantragt oder  warum wurde was abgelehnt. ???

Macht mich schlau

 Gruß Matthes

27.3.2009
Peter M.          
(E-Mail-Nr.: 13)

musterrung mit 18,wie alle.dienstfähig :mucker
danach schwierigkeiten ohne ende mit den kommunisten
für mich steht fest,für einen staat von dem ich einen dreck halte nehme ich keine waffe in die hand um ihn zu *verteidigen* musterungsüberprüfung mit 21: ich zum pfarrer gehetzt mir die unterlagen geben lassen,zur
musterrung, unterlagen abgeben. 5minuten gelaber. und tschüss !

nach 5,5 jahren durfte ich dann auf die insel.

ps:ich sehe noch heute den armen pfarrer,als ich da einlaufe und versuche ihm mein anliegen zu
verklickern.bausoldat,verstand er,den grund nicht. die unterlagen gab er mir netterweise aber doch.

27.3.2009
Tobias B.         
(E-Mail-Nr.: 01)

Obwohl ich christlich erzogen wurde, verlief meine Musterung ganz normal. Die Existenz der
Bausoldaten war mir zwar bekannt, ich hatte mir aber bis dahin keine Gedanken wegen meinem Wehrdienst gemacht. Es schien alles noch so weit weg zu sein. Die NVA hatte mich deshalb zunächst für ihre „Artillerie“ vorgesehen.
Im Zusammenhang mit meiner damaligen Arbeit wurde ich dann aber immer mehr mit den Lügen und dem Betrug des DDR-Systems konfrontiert. Ich stellte z.B. selbst hochwertige Artikel her, die im Westen für einen Spottpreis verschleudert wurden. Reden sollte man darüber nicht. Selbst die Ausschussware, die ich gerne abgekauft hätte, wurde vernichtet, damit die Bevölkerung nicht erfuhr, was bei uns alles hergestellt wurde. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich, für was die erwirtschafteten Devisen gebraucht wurden.
Ich bemerkte nun auch die Verlogenheit in der Zeitung und im Fernsehen. Auch dass die Mauer nicht zu unserem Schutz gebaut wurde, sondern um uns einzusperren.
Meine Einstellung änderte sich sehr stark. Ich beteiligte mich nun auch an der Aufnäheraktion „Schwerter zu Pflugscharen“, wobei ich unbewusst eine Schwelle überschritten hatte. Der Aufnäher wurde mir mitten in der belebten Innenstadt von Magdeburg abgenommen. Scheinbar sollten es die Leute sehen, dass man sich mit einem solchen Aufnäher zum Staatsfeind macht. Aus meinen Stasiakten kann ich entnehmen, dass ich hierbei das erste Mal ins Visier dieser Leute geriet.
Dann kam meine erste Einberufungsüberprüfung. Meine Entscheidung, den Dienst mit der Waffe zu verweigern, war nun längst gefallen.
Die Leute im Wehrkreiskommando reagierten natürlich völlig entsetzt und verärgert. Schließlich hatten sie mich bereits fest in der NVA verplant. Stundenlanges Warten und mehrere Verhöre sollten mich dazu bewegen, meine Entscheidung zurück zu nehmen. Vermutlich mussten sie extra wegen mir einen höheren Stasioffizier anfordern. Dieser machte mir dann unmissverständlich klar, auf was ich mich nun einlasse. Dass ich es bei den Bausoldaten sehr schwer haben werde, dass diese Entscheidung mein ganzes Leben beeinflussen wird, dass ich erst sehr spät zum Wehrdienst eingezogen werde usw.
Ich wusste also nun Bescheid.
Ich begann mit einer weiteren Berufsausbildung, mit der Gewissheit, dass ich erst mit 26 Jahren eingezogen werde. Doch diese Rechnung hatte ich ohne die Stasi gemacht. Natürlich wussten sie von meiner Ausbildung. Und sie wussten auch, dass sie mir mit einer vorgezogenen Einberufung einen Strich durch meine Lebensplanung machen konnten. Ich war gerade 24, als für mich völlig unerwartet die nächste Aufforderung zur Einberufungsüberprüfung ins Haus flatterte.
Auf meine verzweifelte Bitte, mich noch ein Jahr zurückzustellen, reagierten sie im Wehrkreiskommando mit einem eindeutigen „Nein“.
Die Entscheidung stehe fest, da lässt sich nichts mehr ändern. Und sie erinnerten mich daran, dass ich ja gewusst habe, auf was ich mich einlasse. Das hämische Feixen auf ihren Gesichtern hat sich tief in mein Gehirn eingebrannt und meine spätere Einstellung zu allen Armeevorgesetzten mit beeinflusst.
Nun war ich gezwungen, innerhalb kurzer Zeit mein gesamtes Leben zu überdenken. Ich stand kurz davor, die NVA total zu verweigern und einen Ausreiseantrag zu stellen. „Wenn ich schon neu anfangen muss, dann gehe ich eben den geraden Weg durch den Knast in den Westen.“ So dachte ich.
Ein guter Freund riet mir damals, zunächst eine Eingabe zu schreiben. Doch an wen? An das
Wehrkreiskommando? Ich entschied mich für Erich Honecker persönlich, ohne ernsthaft daran zu glauben, dass ausgerechnet der einem “Staatsfeind” wie mir helfen würde. Die Eingabe war ein Strohhalm für mich. Mehr nicht. Ich schrieb sie, um meinen Freund nicht zu enttäuschen und achtete dabei auch nicht weiter auf die Form. Ich schrieb einfach nur meine Verzweiflung von der Seele.
Die genaue Adresse von Honecker war mir auch nicht bekannt. Wenige Tage nach dem Versenden der Eingabe erfuhr ich aber, dass sie doch beim vorgesehenen Empfänger angekommen war.
Mein Chef kam zu mir an den Arbeitsplatz und sagte, ich soll alles stehen und liegen lassen und sofort ins Wehrkreiskommando kommen. Dort brüllte man mich hektisch an, warum ich wegen so etwas gleich einen Brief nach Berlin geschrieben hätte. Ich hätte die Eingabe zunächst an das Wehrkreiskommando schicken sollen. Das würde noch schlimme Konsequenzen für mich haben. Völlig verunsichert und voller Angst wurde ich wieder nach Hause geschickt, ohne zu wissen, wie es nun weiter geht.
Einige Tage später bekam ich dann einen Brief aus Berlin vom ZK der SED. Irgendein Sachbearbeiter (nicht Honecker selbst) teilte mir nun in einem einzigen Satz mit, dass ich erst nach dem Ende der Ausbildung zur NVA eingezogen werde. Der Brief verblüffte mich völlig. Innerlich hatte ich mich längst von der DDR verabschiedet und träumte von einem Neuanfang im Westen. Ich wusste nun nicht, ob ich mich freuen sollte, oder eher ärgern.
Was ist in diesem Zusammenhang hinter den Kulissen gelaufen? Warum diese hektische und unnötige Reaktion im Wehrkreiskommando? Was bewegte die Leute im ZK dazu, meinen Wunsch zu erfüllen und sich damit über die Entscheidung des Wehrkreiskommandos hinweg zu setzen?
Nach dem Ende der Ausbildung ging dann alles sehr schnell. Einberufungsüberprüfung, Einberufungsbefehl ... Natürlich stand das berüchtigte „Prora“ auf der Karte, etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet
.

5.4.2009
Matthes         
(E-Mail-Nr.: 138)

Hallo Tobias,

habe in der Familie aber auch als Spati erfahren, dass die "höheren" Stellen manchmal etwas kulanter waren. Der Tipp für mein Entlassungsgesuch erhielt ich z.B. von einem Major des Wehrkreiskommandos.
Musste immer, wenn ich zur Pflege meiner Frau daheim war, mich täglich beim WKK melden. Natürlich nahm ich immer die Kinder 3,4, und 5 Jahre mit. Am 5. Tag wurde ich (wir) zum besagten Major vorbestellt. Ich glaube, der wollte mal einen Bausoldat sehen... Er erkundigte sich nach dem Gesundheitszustand der Frau (jetzt weiß ich das er über Mielkes Trupen immer informiert war) und fragte, ob ich schon mal über ein Entlassungsgesuch nachgedacht habe. Auf mein erstauntes Nachfragen meinte er nur  " ...was soll ich gesagt haben?..."

Matthes

8.4.2009
Bernhard Wagner         
(E-Mail-Nr.: 14)

Hallo Matthes,
das ist halt so, es steht und fällt mit den Leuten die da sitzen. Als ich auf dem Wehrkeiskommando war, um eine Urlaubsverlängerung zur Pflege meiner Frau zu bekommen, sagt mir der Obersack: "Aber Genosse Bausoldat, wir kümmern uns doch um ihre Familie, wir können ihrer Frau einen Platz im Krankenhaus besorgen und ihren Kindern einen Platz im Heim.

Bernhard

Beitrag scheiben

zurueck141

_______________________________________________________________________________________________

Startseite; Zum Gedenken; Presseseite; Prora; Fragen; Bausoldaten; Vorgesetzte; Literatur; Gästebuch; Kontakte; Termine; Links

Copyright ©