Stefan Jahr (ehemaliger Bausoldat) (E-Mailadresse Nr. 81)

... Störzel war nicht eiskalt, nur psychisch angeknackst und unter periodischem Kontrollverlust leidend, dann ging der Jähzorn wüst mit ihm durch. Er war sogar, wenn man so sagen darf, noch einer der Anständigeren; jedenfalls wollte er eine Art rationaler Parität zwischen uns und ihm, (Motto: bitte bitte, ihr seid doch alle erwachsene Menschen...) und er war auch nicht völlig ohne Gerechtigkeitssinn. Verglichen mit einer wirklich bösartigen, schmierigen Stasi-Ratte wie Hptm. Lenz konnte man mit ihm einen modus vivendi finden, wie auch mit Hauptfeld Mertens, der zwar ein roher Komisskopp und Säufer, ein Mensch ohne Bildung des Geistes und Herzens und ein Brüllaffe, aber kein eigentlich ganz schlechter Kerl war.
Noch eine Skurrilität am Rande: Es ist Dir sicher noch in Erinnerung, wie heterogen nach Herkunft, Weltanschauung und Lebensentwürfen die Bausoldaten waren, wodurch es auch durchaus an Solidarität, Kameradschaftsgeist und Zusammenhalt mangelte. U. a. blühte das Petzen. Wegen all dem wurden wir von den normalen Soldaten von der Fahrerkompanie oder sogar der Schweine-Pi oft zu Recht etwas verachtet.
Ich erinnere mich an einen wohl im Frühjahr 88 eingezogenen BS von der ich glaube dritten Kompanie, der ernsthaft Anträge stellte, 3 Jahre zu den Bausoldaten gehen zu dürfen. Nein, es war kein Satire-Happening, er meinte es wirklich ernst. Ein kleiner, kindlich-dümmlich aussehender Kerl. Vielleicht kennst Du ihn sogar noch? Für viele bei uns natürlich Gegenstand des Hasses und des Ärgers, für die Säcke Gegenstand der Belustigung. Mit Vorliebe wurde er zum UvD-Dienst herangezogen. Bei Stubendurchgängen meldete er zum Trocknen ausgebreitete Handtücher, riß Betten ein und verhängte Putz-Strafen. Das nur als kleine Erinnerung daran, ein wie uneinheitlicher Haufen die heut oft als edel leidende Sytem-Opfer einer Religionsverfolgung dastehenden Bausoldaten waren; von Skinheads, wirklichen Schlägertypen und noch schlimmerem ganz zu schweigen...

... Nur noch etwas Grundsätzliches: Ich möchte die Proraer Erfahrungen nicht missen, zumindest sehe ich es heut so, und vielen wird es ähnlich gehen. Der Gewinn an sozialer Kompetenz, die man sich dort erworben hat, wenn auch teuer bezahlt, war es wert. Dass ich mit Leuten aller Bildungsgrade und Anschauungen so einigermaßen zurechtkommen kann, verdanke ich u. a. diesen eineinhalb Jahren. Als ich hinkam, war ich ein dummer und eitler Fant, zumindest aus der heutigen Perspektive...

zurueck78

Stefan Jahr war UvD in jener Nacht, als Sebastian Höfer starb. In diesem Zusammenhang berichtet er über unglaubliche, respektlose Verhaltensweisen des zuständigen Kompaniechefs Oberleutnant Störzel.

Stefan Jahr

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