Prora-Block V im April 2010

Stefan Wolter (ehemaliger Bausoldat) (E-Mailadresse Nr. 05)

Ein Kurzbesuch des Prora-Blocks V im April 2010
Riesige Schuttberge lagern ums Gebäude. Rücksichtslos entsorgte Geschichte! Doch zumindest an einer der Stellen, an denen wir den Erhalt baulicher Strukturen gefordert haben, im Stabs-/ Stasitrakt, könnten zwei Türummauerungen tatsächlich geschützt worden sein. Hierfür hatte das Amt Denkmalwürdigkeit und -fähigkeit bescheinigt. Für alles andere nicht.

Wie wichtig bauliche Kennzeichen sind zeigt diese Begebenheit: Ein Tourist stand neben mir im Erdgeschoss der künftigen Herberge und bestaunte den „NS-Bau“, die Stahlbeton-Architektur, den Wandelgang mit den Säulen - und ach, wie schnell das damals alles hochgezogen wurde. Daran könne man sich doch heute noch ein Beispiel nehmen. Ich versuchte zu erklären, dass das, wo er steht, ein Med.Punkt gewesen sei: viele kleinen Kammern, die die jetzt freigelegte sogenannte „NS-Architektur“ verdeckt hatten. Die aber die reale Geschichte dieses Ortes gewesen sind. Prora müsse in erster Linie das Scheitern der Nationalsozialismus und die Umnutzung des Gebäudes am Schnittpunkt der Diktaturen zeigen. Alles andere führe in die Irre und stricke weiter am Mythos Prora – dem „ehemaligen KdF-Bad“, wie der Ort politisch gewollt vermarktet wird. Solange nicht das Wort „unvollendet“ dabei steht, ist die Bezeichnung tendenziös – und gefährlich.

Außerdem dumm: Bestaunt man heute den VW als „ehemaligen KdF-Wagen“? Dieser wurde nicht weniger propagandistisch vermarket als die KdF-Reisen. Oder man nehme die Autobahn… An diesen Stellen nimmt man zur Kenntnis, dass die Geschichte weitergegangen ist. In Prora wurde aus dem Bauprojekt eben eine Kaserne und 40 Jahre lang so genutzt. Das muss gezeigt werden. Aber in Medienberichten wird die DDR-Zeit mit einem Satz abgetan, womit die Politik des „weißen Flecks“, der Prora damals auf der Landkarte gewesen ist, weitergeführt wird. Somit demonstriert Prora auch die Überforderung dieses Landes, mit dem geschichtlichen Erbe umzugehen - in einer verhängnisvollen Allianz von Verdrängung, Unwissenheit und Ignoranz. Erinnert der Rückbau von Block V auf die „KdF-Strukturen“ nicht auch ein wenig an den Palastabriss zugunsten des Schlossneubaus in Berlin…? Doch das Schloss hat es gegeben, das KdF-Seebad als solches hat es nicht gegeben.

Gegen das Tilgen und Verdrängen der realen Geschichte von Prora kämpft Denk-MAL-Prora e.V. Der Verein spricht sich gegen den vollständigen Rückbau des künftigen Bildungsszentrums auf die „KdF-Liegehallen“-Struktur aus. Diese hat es nie gegeben und zerstört auch an dieser Stelle den Eindruck der Kaserne.

Med-Punkt 08 Med-Punkt 10

Das Fensterchen zum Med.Punkt wäre ein Punkt (Zeitfenster) gewesen, an dem die reale Nutzung des Gebäudes hätte sichtbar gemacht werden können. Der Skandal: Nachdem in DDR-Zeiten bildliche Aufnahmen verboten waren, hat man Denk-MAL-Prora e.V. Dokumentationstätigkeiten im Gebäude untersagt. Alle Aufnahmen (die später noch einmal gefragt sein werden), entstanden illegal – vor der Wende, wie nach der Wende. Das ist das Versagen der Erinnerungskultur in MV.

Aufruf: Wir haben nichts weiter als wenige Bilder und die Erinnerung:
Wer hat Med.Punkt-Erfahrungen, kann den Aufbau dieses Traktes beschreiben. Lagen die BS gesondert oder mit den anderen Soldaten zusammen? Wieviele waren es in einem Raum etc… Alle Hinweise sind willkommen. Aus dem Puzzle entsteht sicher einmal ein größeres Ganzes.

zurueck170

_______________________________________________________________________________________________

Startseite; Zum Gedenken; Presseseite; Prora; Fragen; Bausoldaten; Vorgesetzte; Literatur; Gästebuch; Kontakte; Termine; Links

Copyright ©