Froschrettung

Sondereinsatz “Froschrettung”

Die riesige Hafenanlage von Mukran wurde mitten in ein Naturschutzgebiet gebaut. Zu DDR-Zeiten nahm man auf so etwas keine Rücksicht. Strategische Interessen standen über alles. So wurde dort der Lebensraum von vielen Pflanzen und Tieren einfach vernichtet oder stark eingeschränkt.
Am Rand der "Baustelle" war noch ein Rest dieser natürlichen Umgebung übrig geblieben. In dem sumpfigen Gebiet lebten unter anderen auch viele verschiedene Froscharten.
Im Frühjahr, wenn die Metamorphose der jungen Frösche abgeschlossen war, unternahmen diese ein Massenwanderung über die Baustelle. Vielleicht waren sie auf der Suche nach irgendeinem Teich, den es nun nicht mehr gab. Auf dieser Wanderung kamen die kleinen Frösche massenweise um. Manche wurden überfahren oder zertrampelt. Die meisten allerdings fielen in ausgeschachtete Gräben oder Fundamentgruben und kamen dort nicht mehr heraus. Sie verendeten qualvoll.

Masten
           Dort wo heute Laternen und Strommasten stehen,
                     waren damals die tiefen Fundamentgruben

Einige naturverbundene Bausoldaten konnten diesen Jammer nicht mit ansehen. Wenn kein Vorgesetzter in der Nähe war, ließ man Schaufel und Spaten stehen, um wenigstens einigen Fröschen das Leben zu retten. Das war allerdings sehr gefährlich, denn für das unerlaubte Entfernen von der Arbeitsgruppe hätte man schwer bestraft werden können.
Deshalb stellten wir beim Kompaniechef den Antrag, einen Sondereinsatz im Freizyklus fahren zu dürfen. Erstaunlicherweise wurde uns dieser Sondereinsatz genehmigt.
An einem Sonntagmorgen bewaffneten sich ca. 10 Bausoldaten mit Wassereimern und fuhren auf die Baustelle hinaus. Der Unterleutnant, der uns beaufsichtigen sollte, hatte für diese Aktion kein Verständnis. Er hatte nur ein paar herablassende Bemerkungen für uns übrig und verschwand dann in irgendeiner Kantine. Das war gut, denn nun konnten wir recht ungehindert an die Arbeit gehen. Graben für Graben, Fundamentgrube für Fundamentgrube holten wir die kleinen Frösche heraus und brachten sie in das Sumpfgebiet zurück. In den Eimern wimmelte es nur so. Zufrieden und auch etwas stolz fuhren wir abends nach Prora zurück.

Tobias Bemmann (Bausoldat von November 1985 - April 1987)

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