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Fragen von ehemaligen Vorgesetzten
Wie hat sich die militaristische Tradition in der NVA aus der Sicht der Bausoldaten reflektiert?
Wie stehen die ehemaligen BS Heute zu einer Armee, ihren Befehsstrukturen und der militaristischen Tradition?
Welche Standpunkte nehmen die ehemaligen BS Heute zu den Bundeswehreinsätzen ausserhalb der deutschen Staatsgrenzen ein?
Würden ehemalige BS, wenn sie heute um die 20 Jahre alt wären, in der Bundeswehr eine Waffe zu wie auch immer gearteten Einsätzen im In- und Ausland anfassen?
Die letzte Frage stelle ich deswegen, weil es auch bei mir in der 3. Baukompanie BS gab, welche dies in Bezug zur Bundeswehr schon damals nicht ausschlossen.
Ich verbinde damit die Frage der Denkweise, denn alles was der Mensch tut, muss zuerst durch seinen Kopf, ehe er sich in Bewegung setzt. Damit verbunden sind dann auch die sich entwickelnden Motive, Gefühle, Einsichten und Handlungen. (21.10.2007)
Karl-Heinz Schulze (E-Mailadresse Nr.: 18)


Antworten eines ehemaligen Bausoldaten:

Sehr geehrter Herr Schulze,
ich möchte versuchen, Ihre Fragen aus meiner persönlichen Sicht zu beantworten. Ich kann mir gut vorstellen, dass andere ehemalige Bausoldaten eine völlig andere Meinung vertreten, weil die Motivation, zu den Bausoldaten zu gehen, sehr unterschiedlich war.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Bemmann
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Über die militaristische Tradition in der NVA kann ich keine Aussagen machen, weil ich mich nie damit auseinander gesetzt habe. Vieles aus der Wehrmacht wurde aber vermutlich von der NVA übernommen. Man muss sich nur die Uniform etwas genauer anschauen. Mit relativ wenigen Veränderungen kann man sie kaum von den Uniformen der Wehrmacht unterscheiden.
Als Bausoldat gehörte man aber eigentlich nicht richtig in diese Armee. Sie waren nur an diese Armee angegliedert. Für die selbstbewussten Soldaten dürften sie eher eine Art "Schandfleck" gewesen sein. Das NVA-Museum in Prora liefert den Beweis dafür. Noch heute, nach so vielen Jahren, ist man nicht bereit, sachlich und angemessen über dieses Thema zu berichten.
Ein Dazugehörigkeitsgefühl sollte es für die Bausoldaten sicher nicht geben. Täglich wurde einem das Gefühl vermittelt, dass man ausgestoßen und am Rand der Gesellschaft lebt. Als Verbrecher und Asoziale wurden wir vor den anderen Soldaten bezeichnet. ("Dreckschippen") Sogar Kontakte zwischen anderen NVA-Angehörigen und den Bausoldaten waren verboten.
In der DDR-Öffentlichkeit wurden die Bausoldaten verschwiegen. Sie passten nicht in das Bild der NVA. Jeder, der sich damit beschäftigte, dürfte automatisch ins Blickfeld der Stasi geraten sein.

Die heutigen Bundeswehreinsätze im Ausland verurteile ich nicht grundsätzlich, solange dabei die humanitäre Hilfe im Vordergrund steht. Ich habe Respekt vor dem, was Bundeswehrsoldaten im Ausland teilweise leisten. Ich kann auch damit leben, dass diese Soldaten zum eigenen Schutz bewaffnet sind.
Kampfeinsätze lehne ich allerdings grundsätzlich ab.

Eine herkömmliche Armee, die die Grenzen des Landes verteidigen soll, ist aus meiner Sicht überflüssig geworden, da es ja in dem zusammen wachsenden Europa die üblichen Feindbilder nicht mehr gibt. Die Armee der Zukunft sollte sich wirklich auf humanitäre Einsätze und auf Hilfseinsätze bei Naturkatastrophen spezialisieren.

Ich persönlich würde auch heute wieder die Waffe verweigern, was ja kein Problem mehr ist. Das zeichnet unser heutiges Staatssystem aus, dass es mit Minderheiten umgehen kann und ihnen sogar echte Alternativen bietet. (Zivildienst)

 

zurueck64

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